Die alten Lieder von damals … Johannes erzählt in himmlischen Bildern von gesungenem Gotteslob.

Predigt über Offenbarung 15,2–4: Gotteslob

An Kantate, 28. April 2024. Veröffentlicht 27.04.2023, Stand 27.04.2024, 967 Wörter.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch!

Liebe Gemeinde, der heutige Sonntag heißt CantateSingt! In unserem Kulturkreis sind wir nüchtern veranlagt. Unsere Theologie ist Geisteswissenschaft, die Reformation eine religiöse Bildungsbewegung. Der Sonntagsname Cantate erinnert uns daran, dass wir Gott ganz unterschiedlich suchen, ganz verschieden mit ihm sprechen können: Eine Möglichkeit ist, fröhlich zu singen.

Der Titel der heutigen Predigt ist »Gotteslob«, so heißt in unserer katholischen Schwesterkirche auch das Gesangbuch. Im Alten Testament gibt es das Bild, dass die Musik zu Gott aufsteigt, ihn und uns erfreut.

Der Predigttext steht im letzten Buch der Bibel, der Johannesapokalypse oder Offenbarung. Hören Sie, was in Kapitel fünfzehn der Johannesoffenbarung steht:

(Der Seher Johannes berichtet seine Vision:)
(2) Ich sah, wie sich ein gläsernes Meer mit Feuer mischte
und diejenigen, die das Untier, sein Bild und die Zahl seines Namens überwunden hatten,
standen am Ufer des gläsernen Meeres mit den Harfen Gottes
(3) und sangen das Lied Moses, des Dieners Gottes,
und die Ode des Lammes:

Groß und wunderbar sind deine Werke,
Herr und Gott, Herrscher des Universums;
deine Wege sind gerecht und wahrhaftig,
du König der Völker!
(4) Wer sollte dich, Herr, nicht fürchten
und deinen Namen ehren?
Denn du allein bist heilig:
alle Völker werden kommen
und vor dir anbetend niederknien,
denn die Akte deiner Gerechtigkeit sind offenbar geworden.
— Offenbarung (Apokalypse) 15,2–4 (Übers. d. Verf.)

Gott, wir danken Dir für Dein Wort. Schenke uns, dass wir es fassen und zu unserem machen. Amen.

Die Vision

Liebe Gemeinde, die Vision des Johannes ist voller Bildworte. Ein gläsernes Meer, das sich mit Feuer mischt – gemeint ist der Himmel als Dach der Welt. Das Feuer steht für das Gerichtshandeln Gottes, denn in der Offenbarung beschreibt Johannes in kräftigen Bildern eine Zukunftsvision, ein »jüngstes Gericht«.

Die Sänger sind diejenigen, die in ersten Christenverfolgungen nicht vom Glauben abgefallen sind, sie sind im Himmel bei Gott (»am Rande des gläsernen Meeres, mit göttlichen Harfen«).

»Das Untier, sein Bild und die Zahl seines Namens« sind Chiffren für Kaiser Nero, der im Jahr vierundsechzig nach Christus im Wahn Rom anzünden ließ, um sich ein Neropolis zu schaffen. Als er merkte, dass die Römer sich gar nicht freuten, dass er ihre Stadt brandgeschatzt hatte, gab Nero den Christen die Schuld – Verfolgung begann.

Der Seher Johannes schrieb seine Offenbarung einige Jahrzehnte später im Exil nieder, in das die Römer ihn verbannt hatten. Dadurch wird klar, wer sich hinter den Bildern verbirgt: Das römische Imperium, in Personalunion durch den Kaiser vertreten.

Mit diesem »Vorspiel im Himmel« leitet Johannes Gerichtsworte ein. Für uns ist dies irritierend, weil wir Gott zum »lieben Gott« degradiert haben, der es gut meint und den man im Übrigen einen guten Mann sein lassen kann. Dass Gott auch eine zornige Seite hat und richtet, stellt uns vor Fragen.

Das Lied: gesungenes Gotteslob

So anspruchsvoll der vordere Teil des Predigttexts ist, so schön ist das Lied, das Johannes dann überliefert.

Er leitet es ein, indem er es als »Lied Moses und Ode des Lammes« bezeichnet. Damit nimmt er Bezug auf das Lied, das Mose sang, nachdem er Israel durch das Schilfmeer geführt hatte:

Singen will ich dem HERRN,
denn hocherhaben ist er;
Rosse und Reiter hat er ins Meer gestürzt.
Meine Stärke und mein Lobgesang ist der HERR,
der mir Rettung geschaffen hat;
er ist mein Gott: ihn will ich preisen,
meiner Väter Gott: ihn will ich erheben! …
— 2. Mose/Exodus 15,1a–2 (Hermann Menge 1949; man lese bis Vers 19.)

Johannes gibt dann doch einen anderen Liedtext wieder. Es ist gesungenes Gotteslob, die Titel könnten nicht würdiger sein: Herrgott, Allherrscher, gerechter König. Und die Eigenschaften Gottes sind Wahrhaftigkeit, er ist wunderbar, heilig. Von überall werden die Menschen kommen, um bei ihm zu sein: Er wird gerecht richten, aber nicht verwerfen.

Liebe Gemeinde, einen so bildgewaltigen Predigttext, der regelrecht decodiert werden muss, haben wir selten. Am heutigen Singe-Sonntag Cantate weist er uns darauf hin, wie wir unser Glaubensleben gestalten können:

Bei aller protestantischen Nüchternheit gibt es über das Gebet hinaus eben die Möglichkeit, Gott mit Gesang und Musik zu loben. Nein, Sie müssen nicht gleich mit »Gottesharfen am Fluss« stehen und »Halleluja« singen wie »Der Münchner im Himmel« (Ludwig Thoma, 1911). Dennoch: Musik ist ein (weiter) »Kanal«, mit Gott in Kontakt zu treten.

Kennen Sie aus Ihrer Kindheit oder Jugend solche christlichen »Schlager« wie Man sagt, er war ein Gammler? Vielleicht sollten wir sie öfter singen.

Gitarrenspieler

Bild von Mali Aroesti auf Pixabay.

Musik ist ein Weg zum Gotteslob, schafft einen anderen Zugang zu Gott in unserer durchgeistigten, nüchternen Welt: »Ich singe dir mit Herz und Mund« haben wir eben gesungen. Im Singen wird unser Herz berührt. Zu singen ist etwas Sinnliches, ermöglicht ein tieferes Erleben. Deshalb sind die alten Lieder für uns so kostbar, sie transportieren Heimat durch unsere Lebensgeschichte hindurch, lassen sie auferstehen.

Schluss

Den unsichtbaren Gott können wir mit Musik, Liedern und Gesang, fassen – mit allen Sinnen – und ihm antworten, auf »allen Kanälen« mit ihm reden. Wie gut fühlt sich das an, aus vollem Hals zu singen, und sei es so schief, dass nicht einmal die Duschkabine unsere Mitmenschen schützt! Die Stimmung wird dadurch jedenfalls gehoben, gute Laune freigesetzt.

Vielleicht sind die Gefühle, die die Musik in uns weckt, ein Abglanz dessen, was der Seher Johannes mit seinen Himmelsbildern zu vermitteln versucht: »Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr und Gott, Herrscher des Universums … denn die Akte deiner Gerechtigkeit sind offenbar geworden.«

Gott schenke uns, dass wir ihn fassen. Wie schön, wenn uns dies durch Musik gelingt und wir ihn finden: Pures Leben und Freude, ein Licht in unseren Dunkelheiten und Heimat, wenn wir uns losgelöst fühlen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, Amen.

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