Advent ist eigentlich pure Vorfreude. Im Laufe der Jahre lässt das sich Vorfreuen nach. Vielleicht kann man es wiederfinden.

Predigt über Psalm 24: Auf und macht die Herzen weit

Am Ersten Advent. Veröffentlicht 03.12.2023, Stand 13.02.2024, 1416 Wörter.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch!

Liebe Gemeinde, eine Schneewoche liegt hinter uns, was für ein schön anzusehender Auftakt in den Advent! Auf und macht die Herzen weit ist die Überschrift dieser Predigt über den 24. Psalm. Hören wir ihn in der Übersetzung Martin Luthers:

Sprecher 1 unten Die Erde ist des HERRN und was darinnen ist,
der Erdkreis und die darauf wohnen.
Denn er hat ihn über den Meeren gegründet
und über den Wassern bereitet.

Wer darf auf des HERRN Berg gehen,
und wer darf stehen an seiner heiligen Stätte?

Sprecher 2 Empore Wer unschuldige Hände hat
und reinen Herzens ist,
wer nicht bedacht ist auf Lüge
und nicht schwört zum Trug:

Sprecher 1 der wird den Segen vom HERRN empfangen
und Gerechtigkeit von dem Gott seines Heiles.

Sprecher 2 Das ist das Geschlecht, das nach ihm fragt,
das da sucht dein Antlitz, Gott Jakobs.

Sprecher 1 Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch,
dass der König der Ehre einziehe!
Wer ist der König der Ehre?

Sprecher 2 Es ist der HERR, stark und mächtig,
der HERR, mächtig im Streit.

Sprecher 1 Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch,
dass der König der Ehre einziehe!
Wer ist der König der Ehre?

Sprecher 2 Es ist der HERR Zebaoth; er ist der König der Ehre.

— Psalm 24 (Lutherbibel 2017; alternativ eg RWL 761.1+.2)

Gott, wir danken Dir für Dein Wort. Schenke uns, dass wir es fassen und zu unserem machen. Amen.

Eine adventliche Haltung auf dem Weg zu Weihnachten

Auf und macht die Herzen weit, das klingt im Psalm ganz adventlich an. Der Psalm fängt mit einem Lob Gottes als Schöpfer an, die Welt ist sein Werk. Dann kommt die Frage: »Wer darf auf des HERRN Berg gehen?« Psalm 24 ist ein Wallfahrtspsalm, es geht darin um die Bewegung und das sich Ausrichten auf Gott. Gottes Berg, der Zion, ist Jerusalem und weil die Stadt hoch gelegen ist, bedingt dies ein Hinaufsteigen. Oben stand der Tempel, das einzige legitime Heiligtum und dort lag das Ziel aller Wallfahrten.

Doch so einfach durfte man nicht in Gottes Heiligtum, es war vom alltäglichen Raum verschieden und es bedingte eine entsprechende Haltung, wenn man es betreten wollte.

Wie ist meine Haltung in Bezug auf den Advent? Am Ende des Advents steht der Heilige Abend, dieses Jahr (2023) fällt er sogar mit dem Vierten Advent zusammen. Advent als Zeit des Vorfreuens auf Weihnachten – erlebe ich das? Oder bin ich aufgrund meines Alters, meines Tagesablaufs, der Verantwortlichkeiten und zuletzt meiner »Sattheit«, weil ich doch schon alles habe, zu routiniert, Vorfreude zu erleben?

So wie damals, in der Kindheit, ist der Advent heute für die meisten unter uns nicht mehr. Die Besinnlichkeit stellt sich meist nicht ein, nicht wahr? Oft ist da mehr »Besinnungslosigkeit« als Besinnlichkeit und plötzlich ist Weihnachten. Irgendwie »riecht« der Advent nicht mehr so gut wie damals, »schmeckt« nicht mehr so intensiv und ist längst nicht mehr so eine intensive Zeit der Vorfreude.

Doch warum dies alles nicht zurückholen, dem »faden« Advent wieder »Würze« geben? Wenn ich meine Haltung ändere und Advent bewusst gestalte, kann ich ihn wieder als Zeit der Vorfreude erleben. Ich muss nur mein Herz weitmachen, mich drauf einlassen.

Lassen Sie uns davon singen:

Auf und macht die Herzen weit (eg 454,1.4–6)

  1. Auf und macht die Herzen weit,
    euren Mund zum Lob bereit!

Kehrvers
Gottes Güte, Gottes Treu
sind an jedem Morgen neu.

  1. Gottes Liebe deckt die Schuld,
    trägt die Sünder in Geduld.
  1. Gottes Wort ruft Freund und Feind,
    die sein Geist versöhnt und eint.
  1. Darum macht die Herzen weit,
    euren Mund zum Lob bereit!

Advent – Zeit zum Zusammenrücken, Zeit zur Versöhnung

Wenn ich mich auf Advent bewusst einlasse, werde ich ihn auch erleben. Vielleicht gehört dazu, erst einmal die Hindernisse aufzufassen und aus dem Weg zu räumen, so wie den Schnee in dieser Woche. Wenn ich dem Advent Platz verschaffe, hat er auch Raum, kann sich entfalten.

Advent als ein sich Bereitmachen für Weihnachten hat dann ganz praktische Konsequenzen. Im Psalm wurde gefragt, was nötig war, sich Gottes Heiligtum in Jerusalem zu nähern: »Wer unschuldige Hände hat / und reinen Herzens ist, / wer nicht bedacht ist auf Lüge / und nicht schwört zum Trug.« Auch dort geht es um Haltung.

Advent kann eine Zeit des Hausputzes sein – nein, ich meine nicht den buchstäblichen, dass man zu Hause alles auf Vordermann bringt. Hausputz kann auch da geschehen, wo wir alte Beziehungen auffrischen, einander einen Gruß sagen oder senden, wo vielleicht schon seit einiger Zeit »Funkstille« herrscht.

Wie schnell verliert man heute in Hektik und Betriebsamkeit Freunde und Nachbarn aus den Augen, sogar die Familie. Und manchmal hat sich ja auch »Sand ins Beziehungsgetriebe« eingeschlichen, knirscht es an der ein oder anderen Stelle. Ein Anruf, eine Nachricht oder eine richtige, handfeste Weihnachtskarte oder -brief mit der Post … wer weiß, was das nicht wieder in Bewegung setzen könnte, wieviel Freude das bereiten könnte. Zumal, wenn es ein Weihnachtsgruß ist!

Advent ist auch eine Zeit des Zusammenrückens, der Nähe und Begegnung. Der Advent kann uns inspirieren, die Freude im Miteinander wieder aufleben zu lassen. Vielleicht hilft dies sogar, eingefahrene Positionen zu überdenken, vom Stillstand wieder in Bewegung zu kommen.

Im Advent geht es darum, dass Gott, der das Leben geschaffen hat, auf uns zukommt. Auch wir können ihm begegnen. Gott schenke uns Kraft, zu einer adventlichen Haltung zu finden, unsere Herzen zu öffnen.

Lassen Sie uns davon singen:

Macht hoch die Tür (eg 1,1–3.5)

  1. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit;
    es kommt der Herr der Herrlichkeit,
    ein König aller Königreich,
    ein Heiland aller Welt zugleich,
    der Heil und Leben mit sich bringt;
    derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
    Gelobet sei mein Gott,
    mein Schöpfer reich von Rat.
  1. Er ist gerecht, ein Helfer wert;
    Sanftmütigkeit ist sein Gefährt,
    sein Königskron ist Heiligkeit,
    sein Zepter ist Barmherzigkeit;
    all unsre Not zum End er bringt,
    derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
    Gelobet sei mein Gott, 
mein Heiland groß von Tat.
  1. O wohl dem Land, o wohl der Stadt,
    so diesen König bei sich hat.
    Wohl allen Herzen insgemein,
    da dieser König ziehet ein.
    Er ist die rechte Freudensonn,
    bringt mit sich lauter Freud und Wonn.
    Gelobet sei mein Gott,
    mein Tröster früh und spat.
  1. Komm, o mein Heiland Jesu Christ,
    meins Herzens Tür dir offen ist.
    Ach zieh mit deiner Gnade ein;
    dein Freundlichkeit auch uns erschein.
    Dein Heilger Geist uns führ und leit
    den Weg zur ewgen Seligkeit.
    Dem Namen dein, o Herr,
    sei ewig Preis und Ehr.

Meins Herzens Tür dir offen ist – Advent erleben

»Aufräumen im Leben«, einen spirituellen Hausputz vorzunehmen und Beziehungen vom »Rost« zu befreien, ist das eine, was Advent zu einer Zeit reicher Vorfreude machen kann.

Ein anders ist ganz praktisch. Vorhin sagte ich, dass Advent heute im Vergleich zur Kindheit viel an Strahlkraft verloren hat. Es sind doch gerade die besonderen Dinge, die Advent früher ausmachten. Da war der Alltag durchbrochen, weil es eine besondere Zeit war, immer mehr wurde.

Wie schön war es, mit dem Adventskalender dem Fest entgegenzufiebern. Wenn es einer adventlichen Haltung bedarf, Advent auch wirklich zu erleben, dann ist dies der Weg, sich den Advent zurückzuholen.

Adventskranz

Die erste Kerze brennt am Adventskranz. Bild von Myriams Fotos auf Pixabay.

Dem Hausputz in unseren Beziehungen kann dann der buchstäbliche zur Seite treten. Aber vor allem, und das ist viel schöner als Hausputz, geht es um Atmosphäre.

  • Warum nicht Plätzchenduft durchs Haus wehen lassen – man muss ja nicht gleich zwölf Tonnen in Massenproduktion backen, sondern eine gute Menge und sich dazu Zeit und Muße nehmen. Vielleicht sogar eine Handvoll zum verschenken?
  • Warum nicht das Zuhause schmücken, den Adventskranz abends anmachen und sich Kerze für Kerze bis Weihnachten am Lichtschein erfreuen. Überhaupt: jetzt, nach dem Ewigkeitssonntag, ist eine gute Gelegenheit, es hell und fröhlich zu machen; die neue Technik bei Lichterketten schenkt so viele Möglichkeiten.
  • Warum nicht jeden Tag einen adventlichen Gedanken fassen, in die Bibel schauen, Gott im Gebet begegnen.

Dem Advent wieder »Farbe und Kraft verleihen« kann in mehrfacher Hinsicht geschehen. Eine Tasse Tee, eine Kerze, Plätzchenduft, ein Besuch oder Brief, ein Geschenk, Gespräch und Gebet – dies alles sind Wege dazu. Und dann wird der Advent Stück für Stück wieder zu der hellen, herzerwärmenden Zeit wie damals, weil wir wieder anfangen, uns nach Weihnachten zu strecken.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, Amen.

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