Gott spricht auch heute noch zu uns. Mit einem offenen Herzen können wir sein Rufen hören.

Predigt über 1. Samuel 3,1–10: Auf Gott hören

An Exaudi, 21. Mai 2023, in Wiedenest. Veröffentlicht 18.05.2023, Stand 13.02.2024, 1178 Wörter.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen!

Hören wir den Predigttext aus Kapitel 3 des Ersten Samuelsbuch:

Der junge Samuel half Eli beim Priesterdienst. In jener Zeit kam es nur noch selten vor, dass der HERR zu einem Menschen sprach und ihm etwas offenbarte. Eli war fast erblindet.
Eines Nachts schlief er an seinem gewohnten Platz und auch Samuel schlief im Heiligtum, ganz in der Nähe der Bundeslade. Die Lampe im Heiligtum brannte noch. Da rief der HERR: »Samuel!« »Ja«, antwortete der Junge, lief schnell zu Eli und sagte: »Hier bin ich, du hast mich gerufen!« »Nein«, sagte Eli, »ich habe nicht gerufen. Geh wieder schlafen!«
Samuel ging und legte sich wieder hin. Noch einmal rief der HERR: »Samuel!«, und wieder stand der Junge auf, ging zu Eli und sagte: »Hier bin ich, du hast mich gerufen!« Aber Eli wiederholte: »Ich habe dich nicht gerufen, mein Junge, geh nur wieder schlafen!« Samuel wusste noch nicht, dass es der HERR war; denn er hatte seine Stimme noch nie gehört.
Der HERR rief ihn zum dritten Mal und wieder stand Samuel auf, ging zu Eli und sagte: »Hier bin ich, du hast mich gerufen!« Da merkte Eli, dass es der HERR war, der den Jungen rief, und er sagte zu ihm: »Geh wieder schlafen, und wenn du noch einmal gerufen wirst, dann antworte: ›Sprich, HERR, dein Diener hört!‹«
Samuel ging und legte sich wieder hin. Da trat der HERR zu ihm und rief wie zuvor: »Samuel! Samuel!« Der Junge antwortete: »Sprich, dein Diener hört!« 
Da sagte der HERR zu Samuel: »Ich werde in Israel etwas tun – die Ohren werden jedem wehtun, der davon hört. Es wird alles eintreffen, was ich Eli und seiner Familie angedroht habe. Er wusste, dass seine Söhne mich beleidigten, und doch hat er sie nicht daran gehindert. Deshalb habe ich über seine Familie ein unwiderrufliches Urteil verhängt. Ich habe ihm das schon lange angekündigt. Es gibt kein Opfer, durch das diese Schuld jemals gesühnt werden kann; das habe ich geschworen.«
Samuel legte sich wieder hin. Am Morgen öffnete er die Türen des Heiligtums. Er scheute sich, Eli zu sagen, was der HERR ihm offenbart hatte. Aber Eli rief ihn: »Samuel, komm her, mein Junge!« »Hier bin ich«, antwortete Samuel. Eli fragte: »Was hat der HERR dir gesagt? Verschweige mir nichts! Seine Strafe soll dich treffen, wenn du mir nicht alles berichtest, was er dir gesagt hat!« Da erzählte Samuel ihm alles und verschwieg nichts. Eli aber sagte: »Er ist der HERR! Er soll tun, was er für richtig hält.«
Samuel wuchs heran. Der HERR stand ihm bei und ließ alle Worte in Erfüllung gehen, die er durch Samuel sprach. Ganz Israel von Dan bis Beerscheba erkannte, dass der HERR ihn zu seinem Propheten bestimmt hatte. Auch weiterhin erschien ihm der HERR in Schilo und gab ihm Weisungen.
— 1. Samuel 3,1–21 (Gute Nachricht Bibel)

Gott, wir danken Dir für Dein Wort. Sende Deinen Heiligen Geist, dass wir es fassen und zum unsrigen machen. Amen.

Liebe Gemeinde, der heutige Sonntag steht zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten – Christus geht und der Heilige Geist kommt. Wir stehen sozusagen »zwischen den Stühlen«, sind in einem liturgischen Niemandsland.

Die Geschichte des kleinen Samuel – Sein Name ist Gott, heißt das übersetzt – passt zu diesem Sonntag. Auch hier geht es um ein Gott hören, ihn aber noch nicht finden. Und noch etwas ist ganz deutlich: Eli und Samuel sind auf der Suche nach Gott. Der eine, Eli, war an ihm dran gewesen, doch Gott war ihm zunehmend entglitten. Der andere, Samuel, stand noch davor, ihn zu finden.

Wer bin ich in dieser Geschichte? Bin ich Eli, bin ich Samuel?

Ruft Gott?

Und wo ist Gott, wie kommt er in meinem Leben vor? Bin ich mit ihm auf dem Weg oder entferne ich mich gerade? Wie gehe ich mit seinem Rufen in meinem Leben um – schaffe ich es, Liebe zu üben oder bin ich nur mein eigener bester Freund?

Ein Vers in unserer Erzählung ist mir besonders aufgefallen:

In jener Zeit kam es nur noch selten vor, dass der HERR zu einem Menschen sprach und ihm etwas offenbarte.

Gott ruft immer noch, aber nicht mehr so, wie am Anfang der Geschichte mit seinen Menschen. Der Zeitraum der Handlung lag vor dreitausend Jahren, aber das ist gar nicht wichtig. Bleiben wir auf der übertragenen Ebene und fragen nach Gottes Offenbarung bei uns: »Und das Wort des HERRn war selten in jenen Tagen«  (דְבַר־יְהוָה הָיָה יָקָר בַּיָּמִים הָהֵ֔ם). Bei uns ist Gottes Wort auch selten und das macht es kostbar (so kann יָקָר auch übersetzt werden). Wo und wie finden wir Gottes Wort bei uns?

Wie schön wäre es, wenn wir von Gott unmittelbar hören könnten, ganz klar, ohne Missverständnisse oder Hörfehler. Doch wir sind noch nicht im Himmel und so bleibt uns,

  • Gott in der Bibel zu finden,
  • ihm im Gebet zu begegnen,
  • ihm in der Gemeinde Gestalt zu geben,
  • seine Nähe im Abendmahl zu erfahren und
  • dies in den Alltag ausstrahlen zu lassen.

Wie herausfordernd das ist, wissen wir alle. Es gibt Tage, an denen es zu wenig ist. Selbst Eli und Samuel brauchen eine ganze Zeit um zu verstehen, was sich da ereignet, wer da der Rufer ist, denn Gott ist leise und sein Geist macht keinen Lärm. Aber dennoch können wir ihn fassen, wenn wir uns auf ihn besinnen.

Mit einem offenen Herzen können wir sein Rufen hören, auch heute.

Hören …

Licht an!

Eines Nachts schlief Eli an seinem gewohnten Platz und auch Samuel schlief im Heiligtum, ganz in der Nähe der Bundeslade. Die Lampe im Heiligtum brannte noch.

Eli hatte seine Schwierigkeiten nicht nur mit dem Sehen, sondern auch, Gott zu hören. Bei aller Routine und lieben Gewohnheiten hatte er Gottes Rufen nicht mehr gehört.

Doch »die Lampe im Heiligtum brannte noch«, heißt es im Text. Dieses Bild gefällt mir, denn es drückt Hoffnung aus. Es ist noch nicht alles vorbei. Wo wir für Gott offen bleiben, also das Licht noch an ist, können wir sein Rufen auch heute noch hören.

Von Samuel hören wir:

Der HERR rief ihn zum dritten Mal …

Vielleicht ist Gott ja doch beharrlicher, als wir meinen? Vielleicht braucht es wirklich nur die richtige Haltung, sein Rufen zu hören.

Liebe Gemeinde, der heutige Sonntag Exaudi trägt das Hören im Namen: »Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe! Sei mir gnädig und erhöre mich!« (Ps 27,7) Das Hören geht in beide Richtungen: Es geht um Gottes Hören auf uns und unser Hören auf ihn.

Schenke uns Gott, darin nicht nachzulassen, denn eines ist gewiss: Gott lässt uns nicht. Der Vers, den unser Täufling heute über sein Leben gestellt hat, erinnert uns daran: »Ein Mensch sieht was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an.« (1. Sam 16,7) Vertrauen wir darauf, dass Gott immer noch ruft, auch wenn wir ihn nicht sehen und seinen Ruf oft nicht beim ersten Mal hören.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, Amen.

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