Heilige Drei Könige? In dieser Predigt geht es um die Nähe dieser Erzählung zu uns und wie wir sie persönlich deuten und füllen können.

Predigt über Matthäus 2,1–12: Weihnachten und die Legende von den heiligen drei Königen

An Epiphanias, 06.01.2019 in Bergneustadt. Veröffentlicht 06.01.2019, Stand 13.02.2024, 1878 Wörter.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen!

Liebe Gemeinde, Weihnachten ist vorbei – könnte man meinen. Aber so ist es gar nicht. Ja, Heiligabend und die beiden Festtage liegen hinter uns, das neue Jahr hat begonnen, doch die Weihnachtszeit dauert dieses Jahr noch drei weitere Wochen an.1 Das Geheimnis liegt in Ostern, dessen Termin am Mondkalender befestigt ist. Deshalb fällt Ostern jedes Jahr auf ein anderes Datum und dies bestimmt die Länge des Weihnachtsfestkreises mit. Ich möchte Sie aber nicht mit Technika des Kirchenjahres langweilen.

Heute, an Epiphanias, geht es darum, dass in Christus Gott sichtbar aufscheint, ganz wie an Weihnachten. Im Predigttext wird das schon erkennbar – doch hören Sie selbst. Ich lese den Predigttext, es ist die Weihnachtsgeschichte nach Matthäus:

Da Jesus geboren war zu Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, ihn anzubeten.
Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem, und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus geboren werden sollte.
Und sie sagten ihm: In Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten (Micha 5,1): »Und du, Bethlehem im Lande Juda, bist mitnichten die kleinste unter den Fürsten Judas; denn aus dir wird kommen der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll.«
Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre, und schickte sie nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr’s findet, so sagt mir’s wieder, dass auch ich komme und es anbete. Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war. Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut und gingen in das Haus und sahen das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe.
Und da ihnen im Traum befohlen wurde, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem andern Weg wieder in ihr Land.
— Mt 2,1–12 (Lutherbibel 2017)

Gott, hab Dank dafür, dass Du in unsere Welt gekommen bist! Dein Licht vertreibt alle Finsternis – lass uns das immer wieder erleben, gerade dann, wenn die Dunkelheit unsere Seele fressen will. Amen.

Drei Heilige Könige?!

Wie gesagt: heute an Epiphanias ist immer noch Weihnachten. Deshalb passt es, von den Weisen aus dem Morgenland zu hören. Übrigens: In Teilen der orthodoxen Christenheit wird heute Weihnachten gefeiert und unsere römisch-katholischen Geschwister feiern heute ja nicht Epiphanias, sondern den Dreikönigstag. Die unbestimmte Anzahl an »Weisen aus dem Morgenland« setzen sie mit drei Königen gleich, denn die Geschenke Gold, Weihrauch und dem zur Einbalsamierung genutzten Gummiharz Myrrhe2 sind wertvoll: Kostbare Geschenke – na klar, die machen Könige; drei Geschenke – na klar, die kommen von drei Gönnern. Und schon hatte man drei Könige und da sie Christus huldigen, sind sie heilig.

Nun ist einer der Vororte Bergneustadts bekanntlich Köln. Im Jahr 1164 hat der Erzbischof Rainald von Dassel in Mailand eine Reliquie, nun ja, »mitgehen lassen«. Nachdem die Reliquie in Köln angekommen war, wurde sie als Gebeine der Heiligen Drei Könige verehrt. Seltsam, dass die Mailänder dies erst seitdem beklagt haben – Heilige Drei Könige sollte man doch schon früher vermisst haben, nicht wahr?

Heute werden die Überreste im Dreikönigsschrein im Ostchor aufbewahrt, dem größten und prächtigsten heute noch erhaltenen mittelalterlichen Reliquiar aus dem frühen 13. Jahrhundert.3

Im Mittelalter wurde so der Grundstock dafür gelegt, dass Köln zu einer Pilgerstätte in der Christenheit wurde. Schnell wurde klar, dass der alte, kleine Dom nicht ausreichte und auch nicht prächtig genug war. Über ein halbes Jahrtausend, von 1248 bis 1883, wurde der Kölner Dom nach den Plänen des Baumeisters Gerhard von Rile gebaut.4 Der Dom ist also das Gehäuse für den Dreikönigsschrein.

Die Weihnachtsgeschichte des Matthäus, die wohl in Syrien aufgeschrieben wurde5, kommt uns in Bergneustadt durch die Reliquie im Kölner Dom sogar räumlich besonders nah. Ich kenne zum Predigttext nichts, was aus dem Leben Jesu Christi geographisch dermaßen in unserer Reichweite liegen könnte, nur 50 Kilometer von hier entfernt!

Es ist bemerkenswert, dass der Predigttext heute Morgen für uns historisch und geographisch so eine enorme Bedeutung hat.

Der geistliche Gehalt der Weisen aus dem Morgenland-Geschichte

Doch auch in religiöser Hinsicht ist die Bedeutung groß. In der Schriftlesung wurde das in einem Vers deutlich:

Die Nichtjuden … sind zusammen mit den Juden Erben,
bilden zusammen mit ihnen einen Leib
und haben zusammen mit ihnen teil an dem, was Gott seinem Volk zugesagt hat.
Das alles ist durch Jesus Christus
und mit Hilfe des Evangeliums Wirklichkeit geworden.
— Epheser 3,6 (NGÜ); Auszug aus der Schriftlesung

Diese unbekannte Menge an Astronomen, an »Weisen aus dem Morgenland«, ist ebenso nichtjüdisch wie wir. An ihnen zeigt sich auch, was das Entscheidende ist: Gott hat seine Erwählung auf alle Menschen ausgeweitet. Weihnachten ist dies Wirklichkeit geworden, als er in Jesus Christus in die Welt gekommen ist, um sie – um uns – mit sich zu versöhnen.

Die Finsternis vergeht, und das wahre Licht scheint jetzt. (1. Joh 2,8, Wochenspruch)

Daran erinnert uns die Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland. Doch was Matthäus da aufgeschrieben hat, ist mehr. Es ist nicht nur ein Text über das, was vor zweitausend Jahren geschah. Es ist auch ein aktueller Text, der mit uns heute Morgen zu tun hat. Es ist die Geschichte von all denen, die Gott suchen, die sich die Neugier für ihn nicht durch Alltag und Zeitgeist haben ersticken lassen; die, die den Schein seines Lichtes immer wieder aufblitzen sehen und mehr davon schauen möchten.

Wo wir uns in diesen Worten wiederfinden, sind auch wir wie die Weisen aus dem Morgenland: Menschen, die Christus suchen, mehr von ihm finden möchten. Hören Sie deshalb einmal eine andere Weihnachtsgeschichte:

Aldorfer, Anbetung der Königr

Albrecht Altdorfer: Die Anbetung der Könige, 1530–35.

Die Legende vom vierten König

Außer Caspar, Melchior und Balthasar war auch ein vierter König aus dem Morgenland aufgebrochen, um dem Stern zu folgen. Dieser vierte König hieß Coredan. Drei wertvolle rote Edelsteine hatte er bei sich. Er wollte sich mit den anderen drei Königen treffen. Doch Coredans Reittier lahmte – und so verpassten sie sich.
Coredan ritt weiter, um alleine nach dem neugeborenen König zu suchen. Plötzlich entdeckte er am Wegrand ein Kind, das weinte, weil es verletzt war. Er nahm das Kind auf sein Pferd und ritt in das nächste Dorf. Dort fand er eine Frau, die das Kind in Pflege nahm. Aus seinem Gürtel nahm er einen Edelstein und vermachte ihn dem Kind, damit sein Leben gesichert sei. Dann ritt er weiter, seinen Freunden nach.
Eines Tages erblickte er den Stern wieder, eilte ihm nach und wurde von ihm durch eine Stadt geführt. Ein Leichenzug begegnete ihm. Hinter dem Sarg schritt eine verzweifelte Frau mit ihren Kindern. Coredan sah sofort, dass nicht allein die Trauer um den Toten diesen Schmerz hervorrief. Der Mann und Vater wurde zu Grabe getragen. Die Familie war in Schulden geraten, und vom Grabe weg sollten die Frau und die Kinder als Sklaven verkauft werden. Coredan nahm den zweiten Edelstein aus seinem Gürtel, der eigentlich dem neugeborenen König zugedacht war. »Bezahlt, was ihr schuldig seid, kauft euch Haus und Hof und Land, damit ihr eine Heimat habt!« Er wendete sein Pferd und wollte dem Stern entgegenreiten – doch dieser war erloschen. Sehnsucht nach dem göttlichen Kind und tiefe Traurigkeit überfielen ihn. War er seiner Berufung untreu geworden? Würde er sein Ziel nie erreichen?
Eines Tages leuchtete ihm sein Stern wieder auf und führte ihn durch ein fremdes Land, in dem Krieg wütete. In einem Dorf hatten Soldaten die Bauern zusammengetrieben, um sie zu töten. Coredan besaß nur noch einen Edelstein – sollte er denn mit leeren Händen vor dem König der Menschen erscheinen? Doch er zögerte nicht lange, holte seinen letzten Edelstein hervor und kaufte damit das Dorf von der Verwüstung los.
Müde und traurig ritt Coredan weiter. In den künftigen Jahren half er hier einem Schwachen, pflegte dort Kranke; keine Not blieb ihm fremd. Und eines Tages kam er an den Hafen einer großen Stadt gerade, als ein Vater seiner Familie entrissen und auf ein Sträflingsschiff, eine Galeere, verschleppt werden sollte. Coredan flehte um den armen Menschen und bot sich dann selbst an, anstelle des Unglücklichen als Galeerensklave zu arbeiten. Sein Stolz bäumte sich auf, als er in Ketten gelegt wurde. Jahre vergingen. Grau war sein Haar, müde sein zerschundener Körper geworden. Doch irgendwann leuchtete sein Stern wieder auf. Und was er nie zu hoffen gewagt hatte, geschah. Man schenkte ihm die Freiheit wieder; an der Küste eines fremden Landes wurde er an Land gelassen.
In dieser Nacht träumte er von seinem Stern, träumte von seiner Jugend, als er aufgebrochen war, um den König aller Menschen zu finden. Eine Stimme rief ihn: »Eile, eile!« Sofort brach er auf, er kam an die Tore einer großen Stadt. Aufgeregte Gruppen von Menschen zogen ihn mit, hinaus vor die Mauern. Angst schnürte ihm die Brust zusammen. Einen Hügel schritt er hinauf, oben ragten drei Kreuze. Coredans Stern, der ihn einst zu dem Kind führen sollte, blieb über dem Kreuz in der Mitte stehen. Und es traf ihn der Blick des Menschen dort am Kreuz. Und er hörte eine Stimme: »Coredan, du hast mich getröstet, als ich jammerte, und gerettet, als ich in Lebensgefahr war; du hast mich gekleidet, als ich nackt war!« Da kniete der vierte König nieder und sagte: »Herr, endlich bin ich da, meine Hände sind leer, aber mein Herz ist reich.«

Was bedeutet Weihnachten? Gott kam in Christus in diese Welt. Mehr noch: er kam in unser Leben. Coredan hat es nicht geschafft, den direkten Weg zu Christus zu nehmen. So doch auch wir: Der Beruf, die Liebe, unsere Beziehungen und Bedürfnisse – so vieles hält uns davon ab, den direkten Weg zu nehmen. Wie Coredan sind auch wir auf Umwegen unterwegs zu Gott. Wo sind Sie gerade auf diesem Weg?

Nur gut, dass Gott die Umwege und Pausen egal sind. Wo wir immer wieder versuchen, nach seinem Willen zu leben – das heißt,

  • Gerechtigkeit zu üben,
  • den Frieden zu fördern,
  • gegen Unrecht aufzustehen
  • und nicht zu verhehlen, dass Gott ist:

Wo wir so zu handeln versuchen, sind wir zu Gott unterwegs, da scheint er – das ist die Übersetzung von Epiphanias – in unserem Leben auf. Und in dieser immer noch weihnachtlichen Zeit kann uns diese Gewissheit ermutigen: Er kommt uns entgegen und gleich, im Abendmahl, gibt er uns Wegzehrung.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, Amen.

eg 37,1–3.9 Ich steh an deiner Krippen hier


  1. 2019 folgen auf Epiphanias der Erste, der Zweite und der Letzte Sonntag nach Epiphanias. ↩︎

  2. Vgl. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Myrrhe&oldid=179833244 (abgerufen am 23.12.2018). ↩︎

  3. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Dreik%C3%B6nigenschrein&oldid=182490979 (abgerufen am 23.12.2018). ↩︎

  4. Vgl. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=K%C3%B6lner_Dom&oldid=183450222 (abgerufen am 23.12.2018): eingeweiht wurde er 1880, doch die Gerüste standen noch drei weitere Jahre. ↩︎

  5. Vgl. Udo Schnelle, Einleitung in das Neue Testament, UTB 1830, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 8. Aufl. 2013, 291. ↩︎

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