Was bleibt? Es gibt Situationen im Leben, da ziehen wir Bilanz und stellen diese Frage. Diese Predigt denkt darüber nach, wie wir wieder weiter kommen können.

Predigt über 2. Korinther 4,16–18: Was bleibt?

An Jubilate, 29. April 2012. Veröffentlicht 28.04.2012, Stand 18.04.2024, 1762 Wörter.

Siehe auch die Predigt von 2024: Weiter schauen

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen!

Liebe Gemeinde, der heutige Sonntag ist ein besonderer, denn viele Menschen haben aus diesem Wochenende und dem Maifeiertag ein extra langes Wochenende gemacht. Viele Leute haben einen Urlaubstag dafür eingesetzt, um gleich vier freie Tage zu bekommen und sich so eine Auszeit, eine Pause vom Alltag zu gönnen.

Hin und wieder tut das gut; hin und wieder benötigen wir eine Pause, um zur Ruhe zu kommen. Für die Arbeitenden ist das oft nur allzu nötig, damit Anstrengungen der Arbeit nicht überhandnehmen.

Das erleben wir alle immer wieder: Es gibt Zeiten im Leben, da möchte man einfach alles anhalten, nur raus aus dem Alltag und den Situationen darin.

Das kennen auch alle, die nicht mehr arbeiten müssen, die schon im Ruhestand sind. Belastungen, die man hinter sich lassen möchte, gibt es in jedem Lebensalter: Es muss nicht nur die Arbeit sein, es können auch Sorgen, schwierige Situationen mit anderen Menschen sein, gesundheitliche Probleme, unangenehme Verpflichtungen – die Liste ist beliebig und viele Menschen fühlen, dass alles dies ihre Kräfte regelrecht aufreibt, einen beinahe den Mut verlieren lässt. Wie schön wäre es, wenn man dann einen Schalter umlegen und eine Auszeit einschalten könnte, in der man durchatmen und einen Schritt zurücktreten könnte.

Was bleibt?

Wenn man Auszeiten nicht dazu benutzt, sich durch viele Aktivitäten zu betäuben, sondern um zur Ruhe zu kommen, dann sind solche Pausen häufig auch Zeiten der Besinnung, des Nachdenkens und Revue passieren Lassens.

Auszeiten sind dann Zeiten des Fragens: Was will man behalten? Was loslassen? Was ändern? Und manchmal, wenn man zurückblickt und sieht, was man einsetzen musste, um etwas zu erreichen, heißt die Frage doch: Was hat Bestand? Was bleibt?

Was die Zukunft bringt, ist ungewiss. Zu viel passiert auf dieser Welt, denken wir nur einmal an solche aktuellen Fragen wie die EU-Finanzkrise oder die Landtagswahl in zwei Wochen … wir können sicher sein: Die Zukunft wird spannend bleiben.

Und wie ist das eigentlich mit uns: Was werden wir in der Zukunft brauchen? Wonach sehnen wir uns? Was hoffen wir?

Diese Fragen finden sich auch in einem Lied der Gruppe Silbermond: »Irgendwas bleibt«, heißt ein Lied aus dem Jahr 2009 (Album: Nichts passiert).

Es sind existenzielle Fragen, um die sich das Lied dreht, und das Problem daran ist: solche Fragen kann man kaum beantworten.

Der Wunsch nach Sicherheit und Halt kommt darin ganz deutlich vor: dass gegebene Worte und Versprechen Bestand haben mögen.

Dies sind nachvollziehbare Wünsche »in einer Welt, in der nichts sicher scheint«, denn was die Zukunft bringen wird, ist noch nicht klar. Was tun wir also? Wir planen voraus, pflegen einen Kalender, versichern uns gegen das Unvorhersehbare und sorgen vor. Alles das ist nötig, weil es nur einige Wochen oder Monate sind, die man einigermaßen gewiss vorplanen kann.

Doch auch wenn wir richtig gut geplant und überlegt haben, kommt manchmal alles anders. Wie schnell Pläne sich ändern, wissen wir alle:

  • Was ist denn, wenn man sich vor dem Urlaub ein Bein bricht?
  • Wenn im Beruf grundlegende Bedingungen sich ändern?
  • Wenn Vertrauen so enttäuscht wird, dass sich die Verhältnisse ändern müssen?

Wir sehnen uns nach Sicherheiten und Garantien, nach der Möglichkeit, einander sorglos vertrauen zu können und dass es offene Wege und Möglichkeiten gibt. Die Realität lehrt uns, dass es anders kommen kann.

»Bitte schwör, dass wenn ich wieder komme, alles noch beim Alten ist«, heißt es im Lied. Wir kennen das alle: Nichts bleibt, wie es ist. Ganz eindrücklich erleben wir dies, wenn wir Orte von früher aufsuchen, zum Beispiel Orte aus der Kindheit oder solche, die uns in der Vergangenheit bedeutend waren. Bei aller Vertrautheit scheint das Eigentliche meist zu fehlen, ist alles anders, ohne dass man oft groß sagen könnte, was so anders ist. Alles verändert sich – wir uns ja auch.

Das bleibt!

Was bleibt denn beständig, gerade in einer ungewissen, nicht vorhersagbaren Zukunft? Und was ist es, das uns immer wieder Kraft und Mut geben kann, an den Herausforderungen des Alltags nicht zu scheitern? Was kann uns ermutigen, weiterzugehen, wo wir uns am liebsten nicht mehr vom Fleck rühren wollen?

Das bleibt: die Verheißung, die wir in unserer Taufe versprochen bekommen haben. Jesus Christus sagt: »Ich bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Welt.« (Mt 28,20, NGÜ)

In allen Momenten unseres Lebens bleibt Gottes »Ja« zu uns bestehen – komme, was da wolle. Taufe ist der sichtbare, spürbare Garant dafür, denn Gottes darin ausgesprochenes »Ja« gilt unverbrüchlich. Es bleibt selbst dann in Kraft, wenn wir darauf nicht antworten. Daran können wir uns festmachen.

Dieses erste »Ja« Gottes zu uns kann der Dreh- und Angelpunkt unseres Lebens sein, denn mit solch einem Fels unter den Füßen brauchen wir den »Treibsand der Unwägbarkeiten« des Alltags nicht zu fürchten. Wir haben Grund, können auf dieser Grundlage vielem trotzen und widerstehen.

Daran erinnert uns auch das Abendmahl: dass Gott uns nahe ist und dass er uns in eine Gemeinde gestellt hat. Es ist die spirituelle Wegzehrung auf unserem Lebensweg.

Taufe und Abendmahl erinnern uns daran, dass das, was Gott uns gibt, bleibt – auch und gerade in einer schnelllebigen Zeit, die uns an Grenzen führt und Sehnsucht nach einer Pause weckt.

Paulus über die Spannung zwischen »Jetzt« und »Einst«

Liebe Gemeinde, im Zweiten Korintherbrief illustriert der Apostel Paulus die Spannung, die wir immer wieder erleben und dass wir immer wieder Pausen brauchen, weil wir nicht dauerhaft »funktionieren« können. Hören wir, was der Apostel Paulus im zweiten Korintherbrief, Kap. 4, geschrieben hat:

2. Kor 4,16–18 (NGÜ) Das sind also die Gründe, weshalb wir uns nicht entmutigen lassen. Mögen auch die Kräfte unseres äußeren Menschen aufgerieben werden – unser innerer Mensch wird Tag für Tag erneuert. Denn die Nöte, die wir jetzt durchmachen, sind nur eine kleine Last und gehen bald vorüber, und sie bringen uns etwas, was von unvergleichlich viel größerem Gewicht ist: eine unvorstellbare und alles überragende Herrlichkeit, die nie vergeht. Wir richten unseren Blick nämlich nicht auf das, was wir sehen, sondern auf das, was jetzt noch unsichtbar ist. Denn das Sichtbare ist vergänglich, aber das Unsichtbare ist ewig.

Gott, wir danken Dir für Dein Wort. Sende Deinen Heiligen Geist, dass wir es fassen. Amen.

Sie merken: etliches aus dem Predigttext ist schon zur Sprache gekommen. »Mögen auch die Kräfte unseres äußeren Menschen aufgerieben werden« – über die Bedeutung dieser Worte haben wir nachgedacht, auch über »die Nöte, die wir jetzt durchmachen«. Paulus gebraucht recht drastische Worte, Zustände zu beschreiben.

Unser Streben nach Halt, Sicherheit, Planbarkeit und so weiter war auch ihm und seinen Zeitgenossen gut bekannt. Auch, dass das nur im Kleinen möglich ist, das »große Ganze« sich dem aber entzieht. Immer wieder werden wir im Alltag »von den Wellen eines Meers aus Umständen« getrieben, ohne dass wir recht steuern zu können.

Paulus bringt in dies alles eine andere Perspektive hinein. Im Wissen um die Bedingungen eines oft so ungewissen Lebens im Hier und Jetzt weist auf das hin, was da ein Fixpunkt sein kann. Dem »Jetzt hier« stellt er ein »Dereinst dort« gegenüber. Das beschreibt er in Gegensätzen:

  • Unsere Kraft wird verbraucht – doch Gott erneuert sie uns Tag für Tag.
  • Auch wenn jetzt vieles schwierig ist – Gott hält bei sich etwas viel Besseres bereit.

Paulus schreibt: Weil das so ist, lassen wir uns nicht entmutigen (V. 16), sondern richten unseren Blick auf Gott (V. 18), der uns Halt gibt, weil er beständig ist und uns in allem auf und ab des Alltags Beständigkeit gibt.

Liebe Gemeinde, Gott hat »Ja« zu uns gesagt, das ist in der Taufe zum Ausdruck gekommen. Im Abendmahl werden wir immer wieder daran erinnert und können unseren Blick neu auf Gott richten.

Diese Perspektive kann unseren Perspektiven die richtige Bedeutung zuweisen. Alles im Leben ist zeitlich, hat seine Orte, seine Bedeutung, seine Zeit. Gott aber bleibt.

Das allein wäre jedoch bedeutungslos, wenn dieser Gott sich nicht in Jesus Christus auch uns offenbart und sich im Heiligen Geist mit uns verbunden hätte. Doch eben, weil er das getan hat, können wir unser Leben und unsere Erlebnisse anders, neu bewerten. Verliert nicht vieles Schwierige seinen Schrecken, seine Bitterkeit, wenn wir uns klarmachen: da ist noch mehr, und zwar mehr an Gutem?

Im Folgekapitel (2. Kor 5) schreibt Paulus weiter, dass unser Leben endlich ist, bis wir bei Gott sind. Im Glauben an Gott weiß er auch um das »Mehr«, das Gott für uns im Sinn hat, und dass Gott dies schon mit seinem »Ja« zu uns bekräftigt hat.

Wozu dieses »Ja« Gottes führen will? Zu gelingendem Leben und zu Zukunft. Es bewahrt nicht vor Schwierigkeiten und Problemen, es schützt nicht vor Schicksalsschlägen und Enttäuschungen. Aber es gilt auch und gerade in schweren Zeiten, denn es heißt, dass Gott auch da nicht von unserer Seite weicht, sondern uns Kraft gibt, auch Schweres durchzustehen. Das, Gottes Ja zu uns, bleibt.

Und das soll ich glauben?

Liebe Gemeinde, das zu glauben, fällt vielen Menschen schwer. Das erzählt schon die Bibel im Neuen Testament, dass die Menschen damals so ihre Schwierigkeiten hatten, an Gottes Kraft zu glauben.

Taufe und Abendmahl sind als Hilfe dazu Gottes Erinnerungszeichen an uns, dass er der Herr über unser Leben hinaus ist. Dieser Glaube kann vielen Dingen ihren Schrecken nehmen und uns aufhelfen, uns »Tag für Tag erneuern«. Zweifel daran gehört dazu, doch auch immer wieder der Neuanfang mit Gott, mit uns selbst, mit den Menschen in unserem Leben.

Liebe Gemeinde, wo wir uns an Gott festmachen, können wir aufbrechen, den Blick heben und nicht nur auf das blicken, was uns das Leben schwer macht. Wo wir Gott unseren Horizont sein lassen, sind wir auf gutem Wege unterwegs – hier und jetzt.

Das schenke uns Gott: dass wir dies nicht vergessen und unsere Sehnsucht nach ihm nicht vom »Dorngestrüpp des Alltags« überwuchern lassen. Denn Gott bleibt für uns da – egal, was auch kommen mag.

Lassen Sie uns beten:

Gott, wir danken dir, dass wir auf deinen Namen getauft sind.
So gehören wir zu dir und sind bei dir zuhause.
Du hast uns das Leben geschenkt.
Du befreist uns von Schuld und erfüllst uns mit Liebe und Zuversicht.
Wir danken dir, dass du bei uns bist alle Tage unseres Lebens.
Erneuere Du unsere Kraft jeden Tag und lass uns nicht an den Sorgen des Alltags verzweifeln.
Auch wenn vieles anders kommt, als wir uns wünschten: Du bleibst – bleib auch bei uns.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Lied: Da wohnt ein Sehnen tief in uns

Seite teilen: WhatsApp · Telegram · Threema · Threads · Facebook · E-Mail