»Es dauert nur eine kleine Weile«, sagt Christus, »bis ihr mich wiederseht.« Doch er bringt schon jetzt Licht und Leben, weil er auch auf schwierigen Wegen mitgeht.

Predigt über Johannes 16,16–23a: Nur eine kleine Weile

An Jubilate, 30.04.2023, in Derschlag. Veröffentlicht 30.04.2023, Stand 13.02.2024, 1198 Wörter.

Siehe auch die Predigt über Johannes 16,16–23: Verhüllung und Enthüllung von 2011.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen!

Hören wir den Predigttext aus Kapitel 16 des Johannes-Evangeliums:

Jesus Christus sagte zu seinen Jüngern: »Es dauert nur noch kurze Zeit, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen. Und es dauert noch einmal eine kurze Zeit, dann werdet ihr mich wiedersehen.«
 Einige seiner Jünger sagten zueinander: »Was meint er damit, wenn er zu uns sagt: ›Es dauert nur noch kurze Zeit, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen. Und es dauert noch einmal eine kurze Zeit, dann werdet ihr mich wiedersehen?‹ Und was bedeutet es, wenn er sagt: ›Ich gehe zum Vater‹?« Sie überlegten hin und her: »›Eine kurze Zeit‹, hat er gesagt. Was heißt das? Wir wissen nicht, wovon er redet.«
Jesus merkte, dass sie ihn gern gefragt hätten. Er sagte zu ihnen: »Überlegt ihr miteinander, was ich meinte, als ich sagte: ›Es dauert nur noch kurze Zeit, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen. Und es dauert noch einmal eine kurze Zeit, dann werdet ihr mich wiedersehen‹? Ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen. Ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit wird sich in Freude verwandeln. Es geht euch wie der Frau, die ein Kind bekommt: Während der Geburt macht sie Schweres durch, aber wenn das Kind dann geboren ist, sind alle Schmerzen vergessen, so groß ist ihre Freude über das Kind, das sie zur Welt gebracht hat. Auch ihr seid jetzt traurig; doch ich werde wieder zu euch kommen. Dann wird euer Herz voll Freude sein, und diese Freude kann euch niemand mehr nehmen. An jenem Tag werdet ihr mich nichts mehr zu fragen brauchen.
— Joh 16,16–23a (Neue Genfer Übersetzung)

Gott, wir danken Dir für Dein Wort. Sende Deinen Heiligen Geist, dass wir es fassen und zum unsrigen machen. Amen.

Aufbruch bringt Abbruch mit sich

Liebe Gemeinde, im Predigttext geht es um Aufbruch. Also: worauf warten wir noch? Koffer gepackt? Kann es losgehen?

Aber halt, das geht zu schnell. Also noch einmal von vorn, wie auf Urlaubsreisen. Da fährt man ja auch meistens nach fünfhundert Metern noch einmal zurück, um den vergessenen Föhn zu holen, den Herd und die Kaffeemaschine auszuschalten und alle Pflanzen zum siebten Mal zu gießen.

Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen …

… sagt Christus zu seinen Jüngern. Doch er bezieht sich nicht auf Aufbruch; er will sich nicht auf Reisen begeben, sondern es geht um Abbruch. Christus sagt sein Sterben am Kreuz an, tiefschwarzen Karfreitag, dunkle Wolken über dem Land und nur Regen.

Und die Jünger? Die verstehen nur Bahnhof, fragen nach. Was bedeutet das, dass er zum Vater aufbrechen will? Und wo werden sie bleiben; was wird mit ihnen sein?

Liebe Gemeinde, sind das nicht auch unsere Fragen? Sind wir nicht Jüngerinnen und Jünger, denen Christus abhandengekommen ist? Wo finden wir ihn in unserem Alltag oder in Situationen, die uns an die Nieren gehen?

Wir leben in unserem Glauben, denken an Gott, beten – vielleicht ganz ritualisiert oder manchmal nur in einem Gedanken ein »Danke, Gott!«. Dann erleben wir ihn doch als da, bei uns, ganz nah wie einen Freund, der unsere Last mitträgt und unsere Freude teilt.

Wenn es schwierig wird, entgleitet uns er uns oft und wir stehen in einsamer Gottverlassenheit da. Wie ist das, wenn einem ein lieber Mensch sagt, »Ich habe Krebs«; die Arbeit verloren hat oder sich trennen will und man nichts tun kann: Wo ist Gott dann?

Das ist Passion: sich einzugestehen, dass das Leben auch Schattenseiten hat und Glaube an Grenzen geraten kann. »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen …; ihr werdet traurig sein.«

Liebe Gemeinde, was Jesus seinen Jüngern ansagt, klingt nach Niedergang, nach Abbruch und Verlust. Das ist etwas, das wir alle kennen und mit Bauchweh und Sorge öfter erlebt haben, als uns lieb ist. Auch als Gemeinde kennen wir dies. Wenn wir uns sorgen wollen, werden wir nicht in Verlegenheit kommen, Anlass dazu zu finden.

Jubilate: Mehr als Gottverlassenheit

Doch Christus spricht weiter:

»Und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen; und: Ich gehe zum Vater … doch eure Traurigkeit soll zur Freude werden … ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.«

Dass Gott uns fern scheint, gilt immer nur auf Zeit und geht vorüber. Vielleicht ist dies ein Durchgang wie der, den Christus durch den Tod zum Leben durchgemacht hat, der Auftakt zu einem Neubeginn. Im Wochenspruch hören wir davon: »Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.« (2. Kor 5,17)

Wer hat das von uns nicht erlebt, wenn es uns einmal knüppeldick getroffen hat, dass auf Regen der Sonnenschein folgt, dass es mit Gottes Hilfe weitergeht? Manches wird anders und auf so mancher Lebensreise haben uns Umstände oder Ereignisse gleichsam auf ein neues Gleis geleitet, ging unser Leben ganz anders weiter.

Leben heißt: Machmal kommt es ganz anders. Das Herausfordernde in solchen Übergangssituationen ist doch, dass das Kommende noch im Dunkeln liegt. Was wird werden? Wie wird das sein?

Die Jünger hatten Angst davor.

Was macht Dir Angst?

Schluss

Die Jünger haben aber auch Freude erfahren, nämlich dass Ostern neues Leben bedeutet, weil Gott sich so deutlich gezeigt hat, als würden wir ein Feuerwerk zünden.

Liebe Gemeinde, an diesem Sonntag, Jubilate, erinnern wir uns daran, dass sich Vertrauen auf Gott lohnt, weil Gott treu ist. Er ist nicht so, wie es in unserer Zeit »in« ist, nämlich sich bloß nicht festzulegen und immer eine Hintertür zu haben, durch die man sich davonstehlen kann. Gottes Treue besteht darin, dass er uns auch im Schweren nicht verlässt, wenn wir ihn vor lauter Sorgen gar nicht sehen können.

Jubilate nimmt den Ruf aus dem Psalm auf: Jauchzet Gott, alle Lande! (Jubilate Deo, omnis terra!, Ps 66,1) In dieser österlichen Zeit ist die Freude, dass Gott neues Leben bringt, das Thema. Wir haben Grund zum Jubeln, auch wenn es Tage gibt, wo uns dies fern liegt.

Wochenspruch an Jubilate.

Wenn ich auf meine Sorgen- und Notzeiten zurückblicke, erkenne ich Gottes Nahesein darin. Er war mir eben nicht fern, sondern ging auch auf schwierigen Wegen mit mir. Das hilft mir, zu vertrauen: Gott ist da, wenn ich ihn brauche, und stellt mir Menschen an die Seite, die mich nicht in die Irre gehen lassen. So kann ich »neu« werden, weil ich erlebe, dass Gott in meinem Leben ist.

Christus sagt: »Abermals eine Weile, dann werdet ihr mich sehen.« Er ist da, kommt mir entgegen. Und bis dahin haben wir hier, in der Gemeinde, geistliche Heimat – bis wir ihn ganz finden.

Nehmen wir dies mit, wenn wir gleich das Heilige Abendmahl feiern und uns die Hände reichen, denn Christus ist in unserer Mitte. Wenn das kein Grund zum Jubel ist! Mit ihm wird alles neu.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, Amen.

Lied: eg 389 In dir ist Freude (Auf YouTube anhören)

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