Warten auf die Wiederkunft Gottes? Besten Dank, warten will keiner. Und vielleicht gibt es ja eine Abkürzung?

Predigt über Lukas 17,20–24: Ich hab’ die Nase voll vom Warten

Am drittletzten Sonntag des Kirchenjahres, 07.11.2021, in Wiedenest. Veröffentlicht 07.11.2021, Stand 17.11.2023, 1437 Wörter.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!

Liebe Gemeinde, der heutige Sonntag dreht sich thematisch um die Wiederkunft Jesu Christi am Ende der Zeiten. Darauf warten wir, dass er uns zu sich holt. Doch Warten ist nicht jedermanns Sache. Wie frustrierend kann es sein, wenn man nicht weiterkommt, weil man auf anderes oder andere warten muss!

So kann es auch mit dem Warten auf Christus sein: Kann er sich nicht etwas beeilen? – Dauert es noch lange?

Uhren

Hören wir den Predigttext. Ich lese aus dem Lukasevangelium, Kapitel 17:

Als er aber von den Pharisäern gefragt wurde: »Wann kommt das Reich Gottes?«, antwortete er ihnen und sprach: »Das Reich Gottes kommt nicht mit äußeren Zeichen; man wird auch nicht sagen: ›Siehe, hier!‹, oder: ›Da!‹ Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch.«
Er sprach aber zu den Jüngern: »Es wird die Zeit kommen, in der ihr begehren werdet, zu sehen einen der Tage des Menschensohns, und werdet ihn nicht sehen. Und sie werden zu euch sagen: ›Siehe, da!‹, oder: ›Siehe, hier!‹ Geht nicht hin und lauft nicht hinterher! Denn wie der Blitz aufblitzt und leuchtet von einem Ende des Himmels bis zum andern, so wird der Menschensohn an seinem Tage sein.«
— Lukas 17,20–24 (Lutherbibel 2017)

Gott, wir danken Dir für Dein Wort. Hilf uns, dass es zu unserem werde. Amen.

Liebe Gemeinde, nach dem, was zentrale christliche Hoffnung ist, wurde Christus selbst schon damals von den Jüngern gefragt. Zu allen Zeiten wollen Menschen Orientierung über ihr Leben haben und wissen, wie es damit weitergeht. Also: Wann kommt Gottes Reich? Jesus macht den Menschen klar: gar nicht – es ist doch schon da.

Zurückschauen und bilanzieren

Bald ist schon Advent. Das Jahr geht auf das Ende zu, das Kirchenjahr schon viel früher. Da passt es, zurückzuschauen: Erinnern Sie sich noch an Ihre diesjährigen Neujahrsvorsätze?

Und für die Vorsichtigen, die diese gar nicht erst getroffen haben: Was sind ihre Ziele, die sie irgendwann einmal umsetzen, erreichen wollen?

Mitten im Herbst können wir in der Rückschau darauf fragen: Welches Ziel haben wir in diesem Jahr erreicht? Welches nicht einmal in Angriff genommen? Was konnten wir nicht realisieren? Worauf warten wir, warten wir immer noch?

Kein Warten, sondern auf ein Ziel hin leben

Im Alltag und unserer Lebensplanung erleben wir Grenzen. Auf so manches müssen wir eben warten und uns in Geduld üben. Werdende Eltern müssen die vierzig Wochen abwarten, die Ultraschallbilder sind nur ein kleiner Trost. Wenn man Bewerbungen absendet, heißt es auf Antwort warten und hoffen, dass eine positive dabei ist.

Die Jünger fragen Jesus im Predigttext, wann Gottes Reich kommt. Jesus antwortet ihnen, dass es doch schon da sei, mitten unter ihnen – mitten unter uns.

Mich beeindruckt dieser Blickwinkel. Wir sind es gewohnt, zu warten. Jesus sagt, dass dies in Bezug auf Gottes Reich überflüssig sei, weil es schon bei uns beginnt. Das sollten wir viel mehr leben! Es ist eine Sache, ob ich mich auf Weihnachten freue oder auf den nächsten Urlaub. Es ist eine ganz andere, wenn die Kerzen am Baum endlich leuchten oder ich am Urlaubsort ankomme, der Tapetenwechsel beginnt.

Wenn es um Gottes Reich geht, können wir diesen abstrakten, kaum greifbaren »Ort« erwarten. Und dann ist das noch so lange, bis wir da sind; dann ist das eine zukünftige Größe, aber nichts, was in unserer Gegenwart Relevanz hat.

»Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch« bedeutet, dass es schon jetzt Bedeutung hat. Es macht einen Unterschied, ob ich in Erwartung auf etwas hinlebe oder ob ich das, was es bedeutet, aktiv lebe.

Gottes Reich, der »Himmel« oder das »Paradies«, ist eine zukünftige Größe. Dennoch können wir das jetzt schon realisieren.

Gottes Reich ist …

Gottes Reich steht dafür, ganz anders zu sein als unsere Welt. Und, um es gleich zu sagen: Niemand weiß, was das so genau ist. Der Apostel Paulus versucht, es zu beschreiben, scheitert aber. Für die Urgemeinde damals war dies eine Herausforderung. Die jungen Gemeinden hatten damit gerechnet, dass Gott sein Reich noch zu ihren Lebzeiten durchsetzen würde.1 Als die Ersten starben, wurde klar, dass es noch dauern würde – dass sie noch warten müssten. Wir sind heute immer noch in dieser Zwischenzeit, zwischen Christi Himmelfahrt damals und seiner Wiederkehr.

Was ist Gottes Reich?

  • Ein Ort, an dem wirkliche Gerechtigkeit herrscht, jeder das bekommt, was Leben möglich macht.
  • Ein Ort, an dem es kein Leid und keinen Schmerz gibt.
  • Ein Ort, an dem niemand einen anderen verletzt.
  • Ein Ort, an dem wir einander wieder begegnen, weil bei Gott kein Leben verloren geht.
  • Ein Ort, an dem wir Gott selbst begegnen werden.

Das sind einige Aussagen zum Reich Gottes, die wir in der Bibel als Heiliger Schrift finden. Aber genauer können wir es nicht formulieren. »Das wird ganz anders sein« und »Es wird sehr gut« – das können wir sagen. Und darauf warten wir sehnsüchtig.

Jesus sagt nun, dass wir doch schon da wären und das stimmt auch: Wo wir uns für Gerechtigkeit einsetzen, wo wir Leid und Schmerz hindern und uns für bessere Bedingungen einsetzen, wo wir Verletzung hindern und für Versöhnung eintreten – sprich: Da, wo wir ein Stück Himmel sichtbar machen, zeigt sich, bei aller Vergänglichkeit und Unvollkommenheit, etwas vom Reich Gottes. Wie mit einem Blitzlicht können wir immer ein wenig davon kurz sichtbar machen.

Wenn wir so leben, dann ist das kein Warten, sondern ein auf ein Ziel hin leben.

Gefüllte Zeit – satt

Wenn man irgendwo warten muss, liegt – wenn man Glück hat – ein Zeitvertreib bereit: Zeitschriften oder ein Fernseher; ein Display mit Nachrichten. Vielleicht sogar ein Getränkeautomat, wenn’s lang wird, und ein Automat mit etwas zu Essen. Und die Erfahrenen haben ein Buch dabei, denn Wartezeit ist im Regelfall tote Zeit, in der man kaum etwas tun kann. Das sind manchmal sogar Stunden vertaner Lebenszeit.

Wenn wir im Warten auf Gottes Reich stehen bleiben, dann ist unser Glaube nur wie ein schöner Gedanke. Wo wir immer wieder ein Stück Himmel zu verwirklichen trachten, wird es hingegen greifbar.

Ich finde es schön, dass Jesus das Reich Gottes auch mit Wachstumsgleichnissen fassbar zu machen versucht. Das Gleichnis vom Senfkorn2 zum Beispiel ist so eines. Gibt es Gurkengläser zu kaufen, in denen unten nicht eine Menge dieser kleinen gelben Kügelchen drin sind? Aus diesen kleinen Senfkügelchen können gewaltige Bäume werden, über sieben Meter hoch.3

Wir müssen nicht gleich das ganze Reich Gottes hervorbringen, wenn wir in unserem Glauben handeln. Die kleinen Momente, »Senfkörner«, genügen doch bereits: unsere Versuche müssen kein Meisterwerk sein.

Wo wir unseren Glauben mehr als nur fröhliche Erwartung sein lassen, wird er zu etwas Lebendigem und das bringt Gottes Reich immer wieder hervor. Anstelle von Wartezeit erleben wir dann erfüllte Zeit, in der Gottes Geist spürbar wird.

Vorausschauen, planen und Ziele erreichen

Übrigens: Unsere ganz realen Wartezeiten können wir auch von »toter Zeit« in nützliche verwandeln. Wer kann, füllt diese Zeiten. Das kann ganz praktisch gehen, indem man seine Aufgabenliste und Termine durchgeht und schaut, was liegengeblieben ist. Indem man überlegt, was der nächste konkrete Schritt in einer Sache ist, der diese auf den Weg bringt. Indem man recherchiert, was man noch wissen möchte – kurz: indem man tut, was möglich ist. Ein Smartphone kann jenseits der »Daddelkiste« – in der älteren Generation ist das wohl eher WhatsApp – ein hilfreiches Instrument sein, das man auch dabei hat.

Und Wartezeit kann man auch in Zeit für sich selbst verwandeln, wenn man keine andere Möglichkeit hat. Man kann zur Ruhe kommen, den Tag reflektieren, etwas lesen oder Musik hören.

Entschleunigen – Zeit für mich und Zeit mit Gott

Warten können wir als Mittel zur Entschleunigung nutzen. So kann Wartezeit auch zu einer Zeit für Gott und für mich werden, in der ich in die Bibel schaue – vielleicht laden Sie sich im Appstore die App die-bibel.de4 herunter, darin finden Sie zuverlässige Bibelübersetzungen, Lesepläne und mehr.

Beten kann mir Zeit mit Gott schenken. Warum nicht einmal einen Psalm beten? Beten ist ein schöner Transfer – die Sorgen zu Gott, neuen Mut zu mir.

Um zum Ende zu kommen: Gottes Reich bleibt abstrakt, weil wir es nicht genau beschreiben können. Und ja, so richtig kommt es eben erst dann, wenn Christus wiederkommt. Aber bis dahin können wir Reich Gottes jeden Tag leben und es mit unserer kleinen Kraft schon jetzt, hier und da, aufscheinen lassen. Dazu helfe uns Gott.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, Amen. (Phil 4,7)


  1. Vgl. Mk 9,1. ↩︎

  2. Vgl. Mk 4,30–32. ↩︎

  3. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Zahnb%C3%BCrstenbaum, abgerufen am 06.11.2021. ↩︎

  4. Info über und Wege zum Herunterladen: https://www.die-bibel.de/bibeln/bibel-in-der-praxis/bibel-als-app-fuer-unterwegs/die-bibel-app/, abgerufen am 06.11.2021. ↩︎

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