Jeremia überliefert Gottes Verheißung an die Israeliten in der Gefangenschaft: Dass er ihnen gute Zukunft und Hoffnung schenkt. Dies kann auch uns in der zweiten Corona-Welle Mut machen.

Predigt über Jeremia 29,1.4–7.10–14: Zukunft und Hoffnung

Am 21. Sonntag nach Trinitatis, 01.11.2020, in Wiedenest. Veröffentlicht 01.11.2020, Stand 13.02.2024, 1402 Wörter.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen!

Liebe Gemeinde, diese Predigt habe ich mit dem Titel »Zukunft und Hoffnung« überschrieben. Es geht darin um einen Brief, den der Prophet Jeremia vor zweieinhalbtausend Jahren von Israel nach Babylon gesandt hat, das liegt im heutigen Irak.

Das Volk Israel war dort in der »Babylonischen Gefangenschaft«. Sie hatten sich gegen Nebukadnezar aufgelehnt, als dieser sein Reich erweitert hatte. Statt ihm den geforderten Tribut zu bezahlen und in Ruhe zu leben, hatten sie das Geld behalten und waren von seiner Armee aus ihrer Heimat in die Gefangenschaft verschleppt worden. In Babylon hatten sie noch viele Möglichkeiten, aber keine echte Freiheit. In dieser Situation schrieb Jeremia ihnen, was Gott ihm aufgetragen hatte. Ich lese aus Kapitel 29 des Jeremiabuches:

(Jeremia 29,1.4–7.10–14, Lutherbibel 2017) Dies sind die Worte des Briefes, den der Prophet Jeremia von Jerusalem sandte an den Rest der Ältesten, die weggeführt waren, an die Priester und Propheten und an das ganze Volk, das Nebukadnezar von Jerusalem nach Babel weggeführt hatte […]
So spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels, zu allen Weggeführten, die ich von Jerusalem nach Babel habe wegführen lassen: Baut Häuser und wohnt darin; pflanzt Gärten und esst ihre Früchte; nehmt euch Frauen und zeugt Söhne und Töchter, nehmt für eure Söhne Frauen und gebt eure Töchter Männern, dass sie Söhne und Töchter gebären; mehrt euch dort, dass ihr nicht weniger werdet. Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum HERRN; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl. […]
Denn so spricht der HERR: Wenn für Babel siebzig Jahre voll sind, so will ich euch heimsuchen und will mein gnädiges Wort an euch erfüllen, dass ich euch wieder an diesen Ort bringe. Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung. Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und mich bitten, und ich will euch erhören. Ihr werdet mich suchen und finden; denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen, spricht der HERR, und will eure Gefangenschaft wenden und euch sammeln aus allen Völkern und von allen Orten, wohin ich euch verstoßen habe, spricht der HERR, und will euch wieder an diesen Ort bringen, von wo ich euch habe wegführen lassen.

Gott, wir danken Dir für Dein Wort. Sende Deinen Heiligen Geist, dass wir es fassen und zum unsrigen machen. Amen.

Liebe Gemeinde, die Corona-Pandemie ist schlimmer geworden. Es geht uns dadurch ein Stück weit wie dem Volk Israel damals: Auch wir sind »Verschleppte«, sind aus unserem bisherigen Leben herausgerissen worden. Alles ist anders als noch im letzten Jahr oder davor und so, wie es war, wird es kaum wieder werden.

Auch wir bräuchten einen Jeremia, der uns angesichts einer ungewissen Zukunft einen Hinweis gibt, was werden wird – würden wir auf ihn hören?

Das Heil, das er Israel angesagt hat, ist eingetroffen: Sie durften später heimkehren und das Erste, was sie dort unternahmen, war, den zerstörten Tempel in Jerusalem wieder aufzubauen. Jeremias Ansage war zuverlässig.

Lebt im Hier und Jetzt

Heute sehen wir uns anderen Herausforderungen gegenüber. Was tun in dieser Zeit?

Vielleicht, dass wir den Rat aufnehmen, den Jeremia Israel damals gegeben hat. In unsere Zeit übersetzt heißt dies, den Kopf nicht hängenzulassen, auch wenn es Grund genug dafür gibt. Jeremia rät, den »Stier bei den Hörnern« zu packen, sich der Situation nicht zu entziehen, sondern mitten hineinzugehen und sie zu gestalten.

Wenn man mit einer Situation unzufrieden ist, gibt es zwei Möglichkeiten, wie man sich verhalten kann. Die eine ist, sich dagegen abzuschotten, vielleicht innerlich »auszuwandern«. Dann kann man kräftig kritisieren und darauf warten, dass sich etwas ändert oder, noch besser, dass jemand anderes für einen die »Karre aus dem Dreck zieht«. Die andere Möglichkeit ist die, die Jeremia empfiehlt. Modern gesagt rät er, Zukunft zu gestalten, statt abzuwarten oder zu verzagen.

»Suchet der Stadt Bestes« (V. 7) gibt er den Leuten mit auf den Weg und liefert die Begründung gleich mit: Geht es ihr gut, geht es euch gut.

In einer Zeit, in der ein für einige lebensgefährliches Virus durch Kontakte weitergegeben wird, heißt das meines Erachtens:

  • Haltet den notwendigen Abstand zueinander ein.
  • Zieht die Masken richtig auf, und zwar nicht bloß über den Mund; ein Fliegengitter montiert man auch nicht nur in der unteren Fensterhälfte.
  • Und, vor allem: Meidet größere Zusammenkünfte, wo diese Regeln nicht eingehalten werden.

Die Crux ist, dass es dieser Tage keine besseren Empfehlungen gibt. Wir wussten alle, was Herbst und Winter bringen würden, wenn wir uns nicht entsprechend verhielten. Es ist keine »Prophetie«, die sich bewahrheitet, sondern eine logische Folge. Deshalb ist es schlimm, dass die Zahl der Neuinfektionen immer noch steigt, weil einige den »Schuss« nicht hören wollen. Wir werden dies nächstes Jahr mit Existenzen bezahlen.

Jeremia empfahl den Israeliten, in Babylon heimisch zu werden. Das können wir in der Corona-Pandemie nicht tun. Was wir machen können, ist, angemessen vorsichtig zu sein, sodass die Ausbreitung geringer wird.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen damit geht. Mir erscheint es als wenig: Nicht, dass diese Zeit als eine Art »Lücke im Lebenslauf« in unsere persönliche Geschichte eingeht, ein verlorenes Kapitel in unserer Geschichte ist. Und beten wir gleich für diejenigen, die nicht den Luxus haben, dem ausweichen zu können, die in echter Not sind oder in solche geraten werden.

Wenn Sie mögen, listen Sie heute Nachmittag doch einmal auf, was Sie machen können. Ein paar Ideen: Vielleicht schreiben Sie einen Brief an eine alte Bekannte oder rufen jemanden an, dessen Stimme sie zu lange nicht gehört haben. Vielleicht bereiten Sie jemandem eine Freude.

Was macht unser Leben in dieser Zeit reich? Was gibt uns Halt? Wie können wir anderen eine Stütze sein?

Der Pandemie zum Trotz, werden wir Schritte in die Zukunft gehen. Für Israel hat das in einer schwierigen Zeit funktioniert.

Gottes Gedanken über uns

Der Predigttext endet ermutigend: »Ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.« (V. 11)

Jeremia zeigt den gefangenen Israeliten eine »offene Tür«, einen Ausweg: Gott hat ihnen angekündigt, dass die Gefangenschaft enden wird und jetzt ergänzt er diese wunderschöne Verheißung.

Geöffnete Tür

Auch wir sind Gottes Volk, deshalb können wir diese Worte an uns gerichtet hören. Sie bedeuten: Gott lässt uns nicht im Stich. Gerade in schwierigen Zeiten ist er an unserer Seite. Mit ihm als Weggefährten sind wir nicht allein unterwegs. Vertrauen wir darauf: Gott schafft uns Zukunft, wo wir sie noch nicht sehen.

Das ist Hoffnung, daran können uns diese Worte bei Jeremia erinnern: Dass da mehr ist, als wir meinen, und dass Gott Zukunft für uns bereithält.

Wir erleben gerade anschaulicher als es uns lieb ist, was ein Zeitgeist mit sich bringt, der individuelle Freiheit über alles erhebt, aber mit Solidarität seine liebe Not hat.

Christliche Hoffnung bewirkt anderes. Wo Menschen mit Jesus Christus leben, ist ihr Leben durch mehr geprägt als den Blick auf eigene Wünsche, weil christlicher Glaube Leben verändert und auch in Dürrezeiten reich macht. Gerade dann, wenn wirtschaftliche Sorgen existenziell werden, ist dies ein Schatz, den einem niemand nehmen kann. Es ist eine Kraftquelle.

Als Christenmenschen sind wir Gottes Familie und durch die Taufe untereinander verbunden. Wo wir das leben, vermögen wir unsere Gesellschaft zum Besseren zu verändern. Das geht, wenn wir als Gemeinde zusammenstehen. Vielleicht so:

Haben wir aufeinander acht. Stärken wir einander den Rücken. Denken wir aneinander im Gebet. Stellen wir unseren Glauben gegen den Zeitgeist, damit auch andere Hoffnung finden, die trägt. Erzählen wir von dem, was uns trägt, weiter – das ist dringend nötig in unserer Gesellschaft, in der gerade die jüngeren Generationen um Gott mehrheitlich nicht mehr wissen. Teilen wir Glauben. Suchen wir in unserer Gemeinde der Stadt Bestes, denn dann werden wir erleben, wie aus unserer Hoffnung heraus eine Saat aufgehen wird: Zukunft.

Schenke uns Gott in seinem Geist die Kraft und den Mut, es zu wagen. Wir müssen in dieser Krise nicht allein sein, sondern können in unserem Glauben festen Halt und unserer Gemeinde eine tragende Gemeinschaft haben. Lassen Sie uns unsere Hoffnung weitergeben und mit diesem Schatz Leben gestalten.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, Amen.

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