Jesus Christus hatte eine erstaunliche Vorstellung von Segen. Die Frage ist: was ist Segen und wie gehen wir damit um?

Predigt über Markus 10,13–16: Jesus und die Kinder

Zweite Predigt in der Predigtreihe »Segen« am 03.02.2008 in Bernberg. Veröffentlicht 03.02.2008, Stand 22.10.2023, 1148 Wörter.

Die Gnade unseres Herrn, Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen!

Liebe Gemeinde, in der heutigen Predigt geht es um das Thema Segen, wie Jesus Christus mit Segen umgegangen ist. Ich lese aus dem Markusevangelium, Kapitel 10, die Verse 13 bis 16:

Mk 10,13–16 (Luther revidiert 1984) Und sie brachten Kinder zu ihm, damit er sie anrühre. Die Jünger aber fuhren sie an. Als es aber Jesus sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solchen gehört das Reich Gottes. Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er herzte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie.

Sicher kommt Ihnen dieser Text vertraut vor. Wir hören ihn bei Taufen als Lesung, er wird als »Kinderevangelium« bezeichnet.

Wer darf zu Jesus kommen? Wem gilt Gottes Segen?

Eltern – es werden wohl Mütter gewesen sein – brachten ihre Kinder zu Jesus. Jesus war auf dem Weg nach Jerusalem, hatte Rast in einem der Orte des Landes Juda gemacht. Die Leute wollten ihn sehen und hören, denn sein Ruf als einzigartiger Prediger, Heiler und Prophet Gottes war ihm vorausgeeilt.

Die Mütter drängen sich zu ihm vor. Jesus soll ihre Kinder segnen. Und dann geschieht, womit keine gerechnet hat: Die Jünger Jesu treten ihnen in den Weg: »Ihr Frauen, verschwindet! Und nehmt eure Blagen mit; los, macht, dass ihr wegkommt! Ihr seht doch, dass Jesus gerade eine Rede hält!« Und vielleicht haben die Jünger noch gesagt: »Die Kinder machen Krach und stören! Nachher können die Leute die Hälfte wegen der Unruhe nicht verstehen; das geht nicht.«

Die Frauen erschrecken. Sie merken: gegen die Jünger kommen sie nicht an. Ärger keimt in ihnen auf, doch sie senken die Schultern, machen sich auf den Weg nach hinten, hinter die Männer zurück.

»Jakobus! Matthäus! Was macht ihr denn da? Lasst die Frauen in Ruhe; lasst die Kinder mal zu mir kommen!«

Die Jünger trauen ihren Ohren nicht. »Was ist das denn? Aussätzige, Kranke, Zöllner und Bettler – und jetzt will Jesus nicht nur schon wieder mit Frauen reden, sondern auch noch mit Kindern! Hach, ihm nachzufolgen, ist aber wirklich nicht leicht.« Frauen und Kinder! Seit wann unterhielt sich ein Mann mit Kindern? Die waren für die Feldarbeit gut oder sollten den Mund halten – schließlich waren sie, die Jünger als Kinder auch nur und ausschließlich brav und ruhig gewesen; das waren noch Zeiten gewesen! Und nun das!

Jesus muss seinen Jüngern an den langen Gesichtern angesehen haben, was sie dachten. Und er setzte ihnen, die so sehr in den gesellschaftlichen Konventionen und Rollenvorstellungen ihrer Zeit verwurzelt waren, noch eins drauf: »Solchen Menschen gehört das Reich Gottes. Hört mal, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht wie ein Kind empfängt, der wird nicht hineinkommen. Schickt deshalb gerade sie zu mir!«

Die Unscheinbaren gehören auch zu Gott

Jesus wertete die Kinder, die in seiner Zeit nicht viel galten, gewaltig auf. Ihnen gilt Gottes gute Nachricht, von Menschen allen Alters, zuerst! Und dann breitete Jesus seine Arme aus und segnete die Kinder. In seiner Geste – die Lutherbibel übersetzt »und er herzte sie« – wird deutlich: Jesus wendet sich den Kindern zu, bricht mit aller Distanz, auch mit den gesellschaftlichen Konventionen seiner Zeit.

Die Kinder sind ein Bild für uns alle als Kinder Gottes. Es geht nicht darum, alle Antworten zu haben. Es geht vielmehr darum, auf dem Weg zu bleiben, im Fragen und Suchen nicht nachzulassen. So sind Kinder: Begierig, die Welt zu fassen, sie zu begreifen, spielerisch und mit viel Freude dazuzulernen und zu wachsen.

(Als Eltern, Patinnen und Paten sind Sie die Bezugspersonen für Ihre Kinder, ihnen auf die geistlichen Fragen, das sind oft die nach Sinnfragen, zu antworten. In unseren Jugendgruppen und im Kindergottesdienst finden Sie dazu gute Unterstützung.)

Die Kinder stehen für die Unscheinbaren, die mit den leisen Tönen. Jesus hat seine Jünger damals rasant kaltgestellt, als sie mit harten Worten einschränken wollten, wer zu ihm kommen darf. Dies wird umso deutlicher, weil dies wirklich die einzige Bibelstelle ist, die davon berichtet, dass Jesus gesegnet hat.

Was kann Gottes Segen in meinem Leben bewirken? Wie kann ich mit Segen umgehen?

Bei uns werden nicht nur die Kinder gesegnet, sondern – wie es zu allen Zeiten im Volk Israel und der Kirche gewesen ist – alle Menschen. Doch was bedeutet Segen, wozu soll das gut sein? Hören wir, wie Segen in der Bibel verwendet wird und wie er da verstanden wird:

Im Alten Testament wird Segen zumeist als das, was unser Leben reich und schön macht, verstanden: Kinder, fruchtbare Äcker und reiche Ernten oder ein hohes Lebensalter gelten als Segnungen.

Im Neuen Testament ist Segen etwa die heilende Kraft, die von Jesus Christus ausgeht. Mehr noch:

  • Christus segnet Brot als das Grundnahrungsmittel schlechthin (z. B. Lk 9,16)
  • Er sendet seine Jünger aus, zu heilen (Lk 9,2)
  • Paulus segnet die römische Gemeinde mit der Fülle des Segens Jesu Christi (Röm 15,20)
  • Uns fordert Christus auf, sogar die zu segnen, die uns schlecht gesinnt sind (Lk 6,28)

Es wäre schön, wenn wir zu einer reicheren Segenspraxis kämen und damit bin ich bei der Frage zurück, was Segen bedeutet und wozu er gut ist.

An der Kindersegnung Jesu sehen wir: Segen eröffnet Beziehung zu Gott. Segen heißt, die Zusage alles Guten, das Gott für uns wünscht, zu empfangen und zugleich seinerseits mit Gott in Kontakt zu treten: Wir können Gott für alle Bewahrung danken. Dieses lebendige Beziehungsgeschehen ist der Grund, warum die Segnung von Gegenständen oder Tieren ausscheidet.

Zugleich heißt Segen, dass der Segnende und Gott in Beziehung treten, der Segen Gottes durch den Segnenden weitergereicht wird. Sich selbst kann man nicht segnen, sondern nur aus dem Schatz der Liebe Gottes an andere weiterschenken.

Tun Sie das doch auch! Sprechen Sie Ihren Kindern oder Enkelkindern Gottes Segen zu als das, was uns Kraft schenkt. Dazu braucht es nicht viele Worte: Ein »Gott segne Dich!« genügt. In unserem Gesangbuch findet sich eine kleine Auswahl (eg RWL: ab 992, Seite 1466).

Wo wir Gottes Segen nicht nur empfangen, sondern ihn an andere Menschen weitergeben, da erinnern wir uns: Gott möchte uns nicht fern sein.

Segen und Taufe – hängt das zusammen?

Taufe und Segen sind sich näher, als man meinen mag:

  • Taufe bedeutet, zu Jesus Christus zu gehören.
  • Gottes Segen kann uns an das große Versprechen Gottes bei unserer Taufe erinnern und ermutigen, mehr in seinem Sinne als in unserem zu handeln.

Liebe Gemeinde, Gottes Segen ist die Bekräftigung seiner Nähe und Zugewandtheit. Geben wir aus diesem reichen Schatz an andere Menschen weiter – besonders an die Kinder. Wenn wir Gottes Segen lebendige Kraft sein lassen, werden wir uns verändern – dann können wir zum Segen werden.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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